
Über den Clown
Viele Menschen stellen sich einen Clown als Zirkusclown mit roter Nase, viel zu großem Kostüm und riesigen Schuhen vor. Der Clown ist jedoch weit mehr als eine reine Kunstfigur. Das zeigt uns seine lange kulturhistorische Geschichte, die bis in die Schamanenzeit zurückgeht.
"Die Ankunft eines guten Clowns in einer Stadt ist wertvoller als dreißig mit Medikamenten beladene Esel", das stellte schon der englische Arzt Thomas Sydenham fest. Es ist naheliegend, dass der Clown als Sinnbild für Lachen und Humor eine Strategie sein kann, um unser Leben mit Lachen und freudigen Momenten anzu-reichern. Und das sich Lachen positiv auf Geist, Seele und Leib auswirkt ist mittlerweile wissenschaftlich beleuchtet.
Der Begriff "Clown" lässt sich aus dem lateinischen Begriff "colonus" ableiten. Ein Kolonist ist eine Person, die sich in neues Land vorwagt. Das entspricht auch meinem persönlichen Verständnis von einem Clown. Er sucht Neues und bricht aus sicherem Terrain aus. Ein Clown ist immer unterwegs, nirgendwo zu Hause und gleichzeitig überall daheim. Dadurch, dass er an nichts und niemanden gebunden ist, ist er frei von Konventionen und hat einen ungeschönten Blick auf seine Umgebung. In dieser Rolle ist seine Aufgabe, gesellschaftliche Zustände und Verwicklungen aufzudecken und den Menschen einen liebevollen Spiegel vorhalten. Er verursacht Chaos, stellt Dinge auf den Kopf und bricht kalkuliert mit Regeln und Normen. Mit seinem Witz und seiner Komik legt er seinen Finger direkt in die Wunde, ohne das es weh tut. Bei seinem Spiel verstrickt er sich dabei immer wieder in selbst erschaffene Probleme und scheitert - an sich selbst. Immer und immer wieder. Durch das Lachen über den Clown kann sich der Mensch ein stückweit von den eigenen Unzulänglichkeiten distanzieren. Gleichzeitig lacht er über sich selbst und kann seine eigenen fest eingefrorenen Normen, Vorstellungen und Verstrickungen erkennen, reflektieren und zur Neubesinnung gelangen. Somit kann das Lachen eine Brücke zum liebevollen annehmen unseres eigenen Selbst führen und tiefe Versöhnung ermöglichen. Wenn dies gelingt, entfaltet der Clown seine transformierende Wirkung für Mensch und Gesellschaft. Der Clown als Meister des Scheiterns führt uns ausserdem vor Augen, dass nicht die Lösung des Problems oder gar das Verhindern von Problemen das Ziel sein kann, sondern die Art und Weise damit umzugehen. Ein Clown ohne Problem hat ein Problem. Durch unsere menschliche Angst vor dem Scheitern wird Energie gebunden, was immer wieder zum Scheitern führt - die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Lachen bewirkt eine Freisetzung dieser Energie, denn der Fokus liegt nicht mehr auf dem Problem. Es kommt wieder etwas in den Fluss. Dieses "etwas in den Fluss bringen" ist übrigens die wörtliche Übersetzung von "Humor" und der Clown ein wunderbarer Lehrmeister.